Der Markt Bruckmühl beabsichtigt, die Menge des geförderten Trinkwassers zu erhöhen. Die Neufestsetzung des Trinkwasserschutzgebietes erfolgt dabei aufgrund einer neuen Bewertung von Vorschriften.
Dazu soll auf einer Fläche von ca. 45 ha ein Trinkwasserschutzgebiet der Schutzzone II ausgewiesen werden.
Zu diesem Thema fand im Herbst 1998 eine Informationsveranstaltung im Gasthaus Schäffler in Vagen statt. Während der Diskussion wurden die Befürchtungen bestätigt, dass dieses Wasserschutzgebiet erhebliche Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nutzung in diesem Bereich hätte.
Die Lokale Agenda 21 für Feldkirchen-Westerham sieht in der Veranstaltung einen Schritt zur Versachlichung des Themas und bedankt sich bei den Veranstaltern und Beteiligten. Nach ihrer Meinung wurden allerdings auch an diesem Abend weder Folgen der Planung noch Alternativen zu ihr hinreichend beleuchtet.
Nachdem nunmehr bei der Gemeinde Feldkirchen-Westerham beantragt wurde, das vorgesehene Wasserschutzgebiet in den Flächennutzungsplan aufzunehmen, sieht sich die Agenda 21 veranlasst, ihren Standpunkt in dieser Angelegenheit öffentlich zu machen.
Trinkwasserschutz hat höchste Priorität – das gilt insbesondere auch mit Blick auf zukünftige Generationen. Die Lokale Agenda 21 für Feldkirchen-Westerham zieht daher die Ausweisung von Trinkwasserschutzgebieten grundsätzlich nicht in Zweifel. Die Frage ist, wie Grundwassserschutz und Landwirtschaft in Vagen konfliktfrei nebeneinander bestehen können.
Bäuerliche Landwirtschaft ist nicht nur Ernährer für die hier Beschäftigten und ihre Familien im übertragenen Sinne, sondern auch im wörtlichen Sinne für die Verbraucher ihrer Produkte in der näheren und weiteren Umgebung und darüber hinaus prägend für die heimische Kulturlandschaft. Zur Bedeutung der Bauernschaft in Vagen verweisen wir auf den Vortrag von Herrn H. Eham an diesem Abend.
Wir sind der Auffassung, dass die beiden "Kontrahenten" (Trinkwasserschutz – Landwirtschaftliche Nutzung) sehr wohl friedlich miteinander auskommen können, wenn der Wille zu einer Lösung des Problems auf beiden Seiten vorhanden ist.
Hauptkriterium für die Ausweisung des Schutzgebietes ist die geschätzte Zeit, die das Grundwasser von seinen Grenzen her benötigt, um bis zum Brunnen zu gelangen. Dafür werden 50 Tage angesetzt (50-Tage-Line), weil davon ausgegangen wird, dass Keime, die im Wirtschaftsdünger enthalten sind, nach dieser Zeit nicht mehr vorhanden sind. Das heißt, dass innerhalb der Grenzen des Schutzgebietes kein keimbelasteter Dünger ausgebracht werden darf, und dies gilt pauschal für Jauche, Gülle und Festmist. Ebenso darf hier kein Vieh weiden.
Pervers erscheint, dass Kunstdünger dieser Einschränkung nicht unterliegt. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft ist jedoch mit energieaufwendig hergestelltem und energieaufwendig transportiertem Mineraldünger nicht denkbar.
Sogenannte Ausgleichszahlungen ohne die Möglichkeit, diese vernünftig und sachgerecht zu verwenden, können keine Lösung sein. "Das ist so, als wenn man einem Werkstattbesitzer die Miete für seine Werkstatt zahlt, aber er darf nicht darin arbeiten." (K. Eham während der genannten Diskussion)
Auch "Ausgleichsflächen" sind kein Ersatz für verloren gegangene Nutzflächen, wenn dadurch die Bauern zu Pendlern in ihrem eigenen Betrieb werden. Die Aussiedlung der Höfe droht die dörfliche Struktur Vagens zu zerstören. Sind "Ausgleichsflächen" überhaupt vorhanden? Um welchen Betrag müsste der Wasserpreis angehoben werden, um das zu finanzieren? "Ausgleichszahlungen" und "Ausgleichsflächen" tauchten zwar in der Diskussion als Schlagworte auf; ein Konzept wurde der Öffentlichkeit hierzu jedoch bisher nicht vorgelegt.
Eine Einschränkung der bisherigen Bewirtschaftung darf nur so erfolgen, dass die Betriebe weder um ihre Existenz fürchten müssen noch sonst unzumutbar belastet werden.
Während der Diskussion wurde deutlich, dass Alternativen zu einer erhöhten Wasserförderung bis dahin nicht geprüft worden sind. Die nachfolgend genannten sind bereits von verschiedenen Seiten angerissen worden oder werden hiermit vorgestellt:
Die verstärkte Nutzung von Goldbachwasser schmälert den Ertrag aus Erneuerbaren Energiequellen. Die Suche nach weiteren Grundwasservorkommen kann hilfreich für eine Absicherung in der Zukunft sein, ein Erfolg ist jedoch nicht gewiß. Die Beseitigung der Altlast im Einzugsgebiet des Wertacher Brunnens ist sowieso erforderlich und erscheint dringend geboten. Anstatt aber immer mehr Wasser zu fördern, sei es aus den Brunnen des geplanten Wasserschutzgebietes, sei es mit Hilfe der angerissenen Alternativen, wäre eine Förderung der Trinkwassereinsparung vonnöten. Sie wäre sowohl ökologisch wie ökonomisch vernünftig.
Sollte die letztgenannte Alternative verworfen werden, könnte dies kaum aus sachlichen Gründen geschehen.
Denkbar wäre für diejenigen Betriebe, die mit Schwemmentmistung arbeiten, die Finanzierung einer Biogasanlage, damit die Gülle nach dem Ausfaulungsprozess als keimärmerer Dünger auf die bewirtschafteten Flächen. Es versteht sich von selbst, dass die Aggregate zur Nutzung der im Faulgas enthaltenen Energie zur Beheizung und zur Gewinnung elektrischer Energie in der Baumaßnahme und ihrer Finanzierung enthalten sein müssen.
Dies wäre eine Maßnahme, die schon im Hinblick auf den Immissionsschutz (Geruchsbelästigung durch Gülle) und als Beitrag zu einer Energieversorgung aus erneuerbaren Energiequellen unterstützt gehört. Wäre nicht die Ausweisung des Schutzgebietes der Auslöser, müßte die Finanzierung lediglich aus einem anderen Topf erfolgen.
Für die Ausbringung im Schutzgebiet reicht dies jedoch nach der derzeit geltenden Rechtslage noch nicht aus. Die erhöhten Ansprüche an den hier verwendbaren Dünger können nur durch eine "Hygienisierung" (also Pasteurisierung) erfüllt werden. Diese Möglichkeit kann u.E. nur dann in Frage kommen, wenn die dafür nötige Energie aus dem Faulgas der Gülle selbst bezogen werden kann. Uns ist nicht bekannt, ob es hierzu Untersuchungen gibt.
Kompostierter Stallmist ist einer der wenigen in Wasserschutzgebieten der Schutzzone II tolerierten Wirtschaftsdünger. Die Kosten für eine Umstellung von Gülle auf Festmist liegen vermutlich sehr hoch, jedoch darf diese Alternative nicht von vorne herein ohne detaillierte Kostenschätzung verworfen werden. Diese Alternative wäre auf jeden Fall dann zu bevorzugen, wenn die Notlösung Nr. 1 "Gülle-Hygienisierung" dauerhaft zusätzlichen Energiebedarf verursachen würde. Für Landwirte, die bereits mit dem Gedanken an eine Umstellung auf organisch-biologische oder biologisch-dynamische Wirtschaftsweise gespielt haben, ließen sich hier u.U. sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
In die Überlegungen, welche der Notlösungen zu bevorzugen wäre, müsste auch der Mehraufwand für den Betrieb der jeweiligen Anlage mit einbezogen werden; es muss geprüft werden, ob er auf dem Hof überhaupt geleistet werden kann.Sowohl die anaerobe Vergärung in Biogasanlagen als auch Kompostierung sind für einen Trinkwasserschutz jedoch sinnvoll nur als ergänzende Maßnahmen zu betrachten.
Die Beweidung von Grünflächen im Schutzgebiet steht ebenfalls auf dem zu erwartenden Verbotskatalog. Bisher werden gerade die Weiden im geplanten Schutzgebiet für das Jungvieh verwendet wegen der windgeschützten Lage und weil hier schattenspendende Bäume vorhanden sind. Das wird seit über 40 Jahren praktiziert, also sogar länger als die Brunnen in Betrieb sind. Aufgrund der langen Erfahrung erscheint es unwahrscheinlich, dass zukünftig eine bakterielle Verunreinigung des Grundwassers stattfinden wird. Insofern erscheint eine Ausnahmeregelung vernünftig, sofern die Kriterien für eine extensive Bewirtschaftung erfüllt bleiben.
Darüberhinaus könnten Bäume auf Weideflächen außerhalb des Schutzgebietes angepflanzt werden. Dann könnte später, wenn die Bäume groß genug sind, auf eine weitere Fläche ausgewichen werden.
Nicht akzeptabel wäre es jedenfalls, das Vieh in einen Stall einzusperren; mindere Fleischqualität und geringere Erträge wären die Folge.
Ein weiterer Aspekt wurde in der Öffentlichkeit bisher überhaupt nicht diskutiert: Die Gefährdung durch mögliche Altlasten in verfüllten Kiesgruben und anderen Bodenvertiefungen im Bereich des zuk. Wasserschutzgebietes ist ungeklärt. Hier sind umgehend entsprechende Ermittlungen anzustellen und Untersuchungen durchzuführen.
Wird die Planung des Wasserschutzgebietes in Vagen verwirklicht, hat das im Bereich der Schutzzone II erhebliche Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nutzung. Ein Konzept für einen Ausgleich für die Einschränkungen in den Möglichkeiten der Bewirtschaftung liegt bisher nicht vor und ist auch schwer möglich.
Die anaerobe Vergärung des Wirtschaftsdüngers in Biogasanlagen oder die Kompostierung sollten mit den Betroffenen diskutiert werden, aber nur als ergänzende Maßnahmen. Vorrangig ist die ernsthafte Auseinandersetzung mit den aufgeführten Alternativen zur offiziellen Planung. Am Ende eines vernünftigen Abwägungsprozesses können unseres Erachtens nur Maßnahmen stehen, die mit einer Verringerung des Trinkwasserverbrauches verbunden sind. Sie allein sind zukunftsfähig.